Inwiefern begründen neue Engagementformen an den Schnittstellen der Sektoren Staat, Markt und Privates eine neue Programmatik für die Engagementförderung?
Die Orte zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation werden vielfältiger und lassen sich immer schwieriger entlang der klassischen Drei-Sektoren-Logik beschreiben. Immer häufiger schließen sich Menschen in informellen Bündnissen und Gruppierungen zusammen, um auf gesellschaftliche Missstände und Herausforderungen aufmerksam zu machen. Sie appellieren an Politik und Öffentlichkeit, Veränderungen herbeizuführen. Dabei entwickeln und erarbeiten sie auch eigene Lösungsmodelle und -wege und fordern deren Umsetzung ein.
Zugleich formieren sich Bewegungen, Organisationen und Netzwerke, die nicht zivile, sondern unzivile Anliegen mit ebenso unzivilen Mitteln verfolgen. So wird beispielsweise gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie die Diskriminierung von Menschen mit anderem Glauben, kultureller Herkunft oder sexueller Orientierung immer sichtbarer. Das Bild einer liberalen, inklusiven und progressiven Zivilgesellschaft wird dadurch empirisch zunehmend infrage gestellt.
Die Veränderungen in den Strukturen und Inhalten zivilgesellschaftlichen Engagements stellen Institutionen der Engagementförderung vor die Herausforderung, ob oder wie die sich informell organisierten Gruppen entsprechend der bestehenden Förderrichtlinien gefördert werden sollen. Private und öffentliche Förderstiftungen stehen beispielsweise vor der Frage, inwiefern die Förderung von Engagement jenseits von Organisationen mit anerkanntem Gemeinnützigkeitsstatus sinnvoll und rechtlich abgesichert ist. Auch Freiwilligenagenturen müssen immer häufiger die Entscheidung treffen, welche Organisationsformen und Initiativen in Maßnahmen der Engagementvermittlung einbezogen werden können.
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Auf der Grundlage der bisherigen bereichs- und handlungslogischen Definitionen von Zivilgesellschaft schlägt die Studie die erweiterte Definition einer förderfähigen Zivilgesellschaft vor, um den vielfältigen Engagementinitiativen, also auch den nicht klassischen Engagementformen, den Zugang zu Förderungen zu ebnen: Zur förderfähigen Zivilgesellschaft gehören jene Akteurinnen und Akteure, die (1) Angebote in die öffentliche Diskussion einbringen und/oder Lösungsideen erproben oder skalieren, mit denen Herausforderungen der Gesellschaft besser bewältigt werden können (handlungslogische Perspektive) und (2) weder in Gänze dem staatlichen, dem wirtschaftlichen noch dem familiären Sektor zugeordnet werden können (bereichslogische Perspektive). Akteurinnen und Akteure sind (3) hingegen nicht zivil(gesellschaftlich) und förderlegitim, wenn diese (ob in einer Gruppe oder als Individuum) sich zwar innerhalb einer geschlossenen Gruppe zivil verhalten, allerdings nicht gegenüber Akteuren und Akteurinnen, die außerhalb dieser Homogenität stehen.
Zur flexibleren Gestaltung der Förderkriterien empfiehlt die Studie die von der Enquetekommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagement" entwickelten fünf Kriterien (Freiwilligkeit, nicht auf materiellen Gewinn ausgerichtet, gemeinwohlorientiert, im öffentlichen Raum stattfindend und schließlich gemeinschaftlich) als Prüf- und Entscheidungsinstrument. Dabei muss zur Einstufung in die Förderfähigkeit nicht jedes Kriterium in Gänze, sondern auch nur teilweise oder auch gar nicht erfüllt sein.
Potenziale der Zivilgesellschaft bleiben unausgeschöpft, wenn zivilgesellschaftliches Engagement, das sich an den Grenzen von Wirtschaft, Staat und Drittem Sektor bewegt, von Förderungen ausgeschlossen wird. Das schließt neben der geldbasierte Engagementförderung, auch Förderlogiken und Förderkontrolle ein.
Aus den Studienergebnissen leitet sich ein Katalog konstruktiver Vorschläge ab, welche die Engagementförderung der zivilgesellschaftlichen Wirklichkeit näherbringen können.
Das Projekt wird ermöglicht durch die Förderung der
Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE).
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