Vereine, Stiftungen und Co: Die neuen Bildungspartner?

Sonderauswertung des ZiviZ-Surveys 2017

Vereine, Stiftungen & Co. (Cover)

Rund 16 Millionen Menschen engagieren sich ehrenamtlich im Bildungsbereich. Sie sind organisiert in knapp 300.000 gemeinnützigen Organisationen. Damit ist Bildung das zweitwichtigste Engagementfeld in Deutschland. Nur im Sportbereich gibt es noch mehr Vereine (und mehr Engagierte). Das ergab eine Sonderauswertung der Studie "Zivilgesellschaft in Zahlen".

Sie entwickeln eigene Bildungsangebote, sind als Förderverein oder bildungspolitisch aktiv. Von den mehr als 630.000 Organisationen in der Zivilgesellschaft engagieren sich 297.000 gemeinnützige Organisationen im Bildungsbereich. Das ist ein Zuwachs von fünf Prozentpunkten allein in den letzten fünf Jahren. Auch die Zahl der im Bildungskontext aktiven Stiftungen ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Doch neben den 280.000 Vereinen machen die annähernd 10.000 Bildungsstiftungen nur einen kleinen Anteil aus.

Der regelrechte Gründungsboom in den letzten 20 Jahren hat neue Organisationstypen hervorgebracht: Die "neue Bürgerschaft" (Beispiel: Fördervereine von Schulen) und die "neuen Professionellen" (Beispiel: meist öffentlich geförderte Einrichtungen, die unter anderem Förder- und Betreuungsangebote in Ganztagsschulen übernehmen). Sie unterscheiden sich erheblich in ihren Arbeitsstrukturen und arbeiten unterschiedlich stark mit anderen Bildungsakteuren zusammen.

Die meisten Kooperationen finden im schulischen Rahmen statt. In anderen Kontexten, wie lebenslangem Lernen, werden Vereine und Stiftungen bisher selten berücksichtigt. Vor allem ältere Organisationen, wie die klassischen Vereine, werden bislang kaum in die aktuelle Bildungslandschaft integriert. Gerade diese machen jedoch vielfältige Angebote, die sich nicht nur an Kinder richten, sondern auch an Erwachsene. Dabei geht es unter anderem um gezielte Weiterbildung für Senioren, wie etwa der Verein Computer Club Nürnberg 50 plus e.V., der ältere Menschen am Computer schult, um auch ihnen die digitale Welt näher zu bringen. Damit leisten Vereine wie dieser auch wertvolle Integrationsbeiträge und stärken auch den sozialen Zusammenhalt vor Ort.

Doch die meisten Vereine (90 Prozent) sind bislang nicht oder nur wenig in lokale Bildungslandschaften eingebunden. Das Konzept der Bildungslandschaften ist 70 Prozent der gemeinnützigen Organisationen noch nicht einmal bekannt. Aber auch andersherum bestehen Wissenslücken: Wie viele bildungsrelevante Akteure es aus der Zivilgesellschaft vor Ort gibt, ist den meisten Kommunen nicht bekannt.

Professionelle Organisationssegmente sind am besten mit kommunalen Bildungslandschaften vertraut (Grafik)
Quelle: ZiviZ-Survey 2017, nur bildungsbezogene Organisationen, die Bildungsangebote bereitstellen, n=2.525 (gewichtet), davon fehlend: 515; *n<50

Handlungsempfehlungen

Um Potenziale von Bildungsakteuren in Zukunft nutzen zu können, definiert die Studie Handlungsempfehlungen an Politik und Zivilgesellschaft:

  • Vereinen, Stiftungen und anderen gemeinnützigen Akteuren aus der Zivilgesellschaft sollte zukünftig mehr Sichtbarkeit verschafft werden, damit diese auch gezielt in Bildungskooperationen eingebunden werden können. Dafür müssen auch die Vereine und Verbände einen Beitrag leisten: Sie sollten sich stärker als Bildungsakteure positionieren, um sichtbar zu werden.
  • Eine große Herausforderung ist für viele Vereine nach wie vor, sich untereinander, mit öffentlichen Bildungseinrichtungen oder privaten Organisationen zu vernetzen. Gezielt Vernetzungsmöglichkeiten und auch an ehrenamtlich arbeitende Vereine angepasste Kooperationsformate anzubieten, wäre in vielerlei Hinsicht gewinnbringend: Es eröffne unter anderem Integrationsmöglichkeiten für ältere Menschen oder für Menschen mit Migrationshintergrund. Gleichzeitig profitieren auch die Vereine davon, die über neue Netzwerke mehr Mitglieder und auch Ehrenamtliche gewinnen könnten.
  • Bund, Länder und Kommunen sollten darüber hinaus die Anerkennung von in Vereinen erworbenen Kompetenzen unterstützen, zum Beispiel indem diese stärker als bis im Deutschen bzw. im Europäischen Qualifikationsrahmen aufgenommen werden. Eine verbesserte Infrastruktur und intensivere Vernetzungsmöglichkeiten können das Bildungsengagement stärken und weiterentwickeln.

Jana Priemer, Veronika Mohr:
Vereine, Stiftungen und Co: Die neuen Bildungspartner?
Essen: Edition Stifterverband 2018
ISBN: 978-3-922275-77-0
64 Seiten
Erschienen im Juni 2018